Herzlicher Empfang für Sieger
Von Katja Bauroth, aus Fuldaer Zeitung Online: 2. September 2001
Fulda Verschlafen räkelt sich die Johannisau an diesem
Sonntagmorgen. Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln den Nebel aus den Wiesen. Am
Aueweiher frönen Angler ihrer Leidenschaft. Die Idylle endet jedoch beim
Vereinsheim des SC Schovel und am Stadion. Dort tummeln sich hunderte Menschen
– hüpfend, trippelnd oder sich dehnend. Punkt 9 Uhr schickt Fuldas
Oberbürgermeister Dr. Alois Rhiel die dynamische „Meute“ per Pistolenschuss
los – der achte Hochstift-Marathon beginnt.
Die bunte
Menschentraube bewegt sich die schmale Olympiastraße entlang Richtung
Johannesberg. Während die ersten Läufer schon Kilometer eins hinter sich
gelassen haben, setzen sich die letzten im Startbereich gerade in Bewegung.
„Ein gigantisches Bild“, schwärmt Dieter Schäfer. Lange konnte sich der
Organisationsleiter dieser Megaveranstaltung nicht an dem überwältigenden
Anblick ergötzen – zu viele Dinge mussten erledigt werden. Nach den 829
Einzelläufern, von denen 174 die Marathondistanz in Angriff nahmen, wurden
noch 51 Mannschaften mit bis zu 15 Läufern auf die Halbmarathonstrecke
geschickt – summa summarum zirka 1500 Menschen, ein neuer Rekord.
Vier Minuten Vorsprung Kaum waren die letzten auf der
Olympiastraße außer Sichtweite, wurden im Stadion bereits die ersten
Vorkehrungen für die schnellsten Halbmarathonläufer getroffen. Und es dauerte
gerade einmal 1:12,39 Stunden, bis unter donnerndem Applaus Sascha Wingenfeld
ins Stadion einlief. Locker drehte der 24-jährige Fuldaer die letzte Runde,
bevor er die Ziellinie überquerte. „Eigentlich wollte ich drei Minuten
schneller sein“, so der Vorjahressieger, der seine Zeit aus dem vergangenen
Jahr immerhin um 50 Sekunden verbesserte und auf den Zweitplatzierten Matthias
Jahn aus Langenbieber (LG Baunatal/ACT Kassel) über vier Minuten Vorsprung
hatte. Bis Kilometer zehn habe er auch im Limit gelegen, doch es fehlte wieder
einmal an Konkurrenz, die ihn „antrieb“, so Wingenfeld. Für den Triathleten
war der Lauf vor heimischem Publikum ein gelungener Saisonabschluss, „auch
wenn es etwas an Stimmung und Zuschauern gefehlt hat“. Jetzt fiebert der
Student seinem wohl verdienten Urlaub entgegen. Auf ein griechisches Essen
am Abend mit Freund und Läuferass Dirk Schilde, der für den Hünfelder SV beim
Teamhalbmarathon am Start war, hat sich wohl Katrin Schneider gefreut. Die
20-Jährige von Speeketze Marbach triumphierte in 1:31,51 Stunden über die
Halbmarathon-Distanz und war damit schnellste weibliche Teilnehmerin.
„Wahnsinn – ich hätte nicht gedacht, dass ich hier gewinne“, sagte die
Siegerin und strahlte übers ganze Gesicht. „Das ist mein insgesamt dritter
Halbmarathon. Vergangenes Jahr war ich hier mit dem Team dabei“, erzählte die
Hobbyläuferin.
Amerikanisches Flair Ein Wahnsinn war auch
die Beteiligung beim Team-Marathon. 51 Mannschaften – im vergangenen Jahr
waren es 37 – maßen hierbei im Laufschritt beziehungsweise beim Walking (sechs
Teams) ihre Kräfte. Erstmals seit 1994 startete wieder eine amerikanische
Mannschaft: die „U.S. Army“ aus Schweinfurt. Die Amerikaner vermittelten mit
ihrem Gesang beim Zieleinlauf das Flair des ursprünglichen
Kavallerie-Halbmarathons, der 1977 ins Leben gerufen wurde und die Grundlage
für den heutigen Fulda-Marathon lieferte. Den Triumph feierten jedoch
Altbekannte: Zum sechsten Mal gewann der TSV Ostheim/Rhön in 1:20,55 Stunden.
Beste heimische Mannschaft war das Team eins des Hünfelder SV + LT. Andreas
Schürmann, Eugen Hack, Nils Hartwig, Ulrich Hillenbrand, Bernd Keppler, Jörg
Krone, Dirk Malsch, Rene Michl, Anoop Muthreja, Rohit Muthreja, Michael Rendl,
Dirk Schilde, Bernd Schach, Bernhard Wald und Martin Wahl belegten den vierten
Platz in 1:28,4 Stunden. Beim Mannschaftslauf stand aber vor allem der
Spaß und der Gemeinschaftssinn im Vordergrund. „Wenn wir schon nicht gewinnen,
müssen wir anderweitig auf uns aufmerksam machen“, so das Motto der „Fuldaer
Pistenrowdies“, die als Schneemänner verkleidet mit Zylindern auf den Köpfen,
Möhren im Mund und weißen Kitteln sowie einem gebastelten Schneemann ins
Stadion einliefen. Die Frauen waren ebenfalls ideenreich: So verkleideten sich
die Damen des TV Petersberg als „verrückte Hühner“ und ließen die Federn
fliegen.
Küsschen für Herget Einen solchen Empfang hätte
sich wohl jeder gewünscht: Mit Küsschen und Umarmungen wurde Thomas Herget im
Ziel begrüßt. Zum vierten Mal sicherte sich der Fuldaer den Gesamtsieg über
die Marathondistanz. Mit seiner Zeit von 2:40,01 Stunden war er allerdings
nicht so ganz zufrieden. Wie Wingenfeld fehlte auch Herget die Konkurrenz.
„Das ist frustrierend, wenn man alleine laufen muss“, verdeutlicht der
34-Jährige, der es besonders bedauerte, dass sein heimischer Mitstreiter
Joachim Katzer krankheitsbedingt nicht mitlaufen konnte. Auf Platz drei kam
mit Bernd Jiptner (Bike Box Fulda) ein weiterer heimischer Vertreter, dicht
gefolgt von Reinhard Lüke aus Tann. Bei den Damen siegte Gerlinde Ohlmann
(Strullendorf) in 3:29,28 Stunden. Beste heimische Läuferin war hier Lena
Schmuck aus Fulda auf Platz sechs. Nach gut sechs Stunden kehrte langsam
wieder Ruhe ins Stadion in der Johannisau ein. Die zahlreichen Helfer des
veranstaltenden Lauftreffs der LG Fulda legten letzte Hand an, um die Spuren
des achten Hochstift-Marathons zu verwischen. Doch die Vorbereitungen für das
neunte Spektakel werden schon wieder in Angriff genommen...
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